Abb. 1: Wärmedämmverbundsysteme werden sowohl bei Neubauten als auch bei Bestandsgebäuden eingesetzt. Zuverlässiger Brandschutz ist dabei unerlässlich. (Quelle: OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG)
Einige Brandereignisse in Gebäuden mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) waren in der jüngsten Vergangenheit sehr spektakulär. Leider fordern diese Brände, die sich über die Fassaden nach oben ausbreiten, auch oft zahlreiche Opfer. Die Brandweiterleitung über brennbare Baustoffe geschieht sehr schnell. Elektroleitungen auf oder in der Fassade werden jedoch meist nicht berücksichtigt.
Sowohl bei Neubauten als auch bei Bestandsgebäuden spielen Energieeinsparmaßnahmen und die energetische Sanierung eine große Rolle. Die WDVS helfen bei der Energieeinsparung durch Reduzierung des Heizenergiebedarfs. Die WDVS bestehen i. d. R aus expandiertem Polystyrol (EPS) in Kombination mit Putzen und Trägermaterialien. Sie werden häufig als schwer entflammbar klassifiziert. Die brandschutztechnischen Anforderungen an die Bekleidung von Fassaden werden in der Musterbauordnung (MBO) in § 28 „Außenwände“ sowie § 30 „Brandwände“ formuliert [1].
Brandriegel innerhalb der WDVS
Seit einigen Jahren enthalten die Kombibescheide „allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/allgemeine Bauartgenehmigung“ (abZ/aBG) des DIBt Anforderungen an sog. Brandriegel innerhalb von WDVS (Abbildung 2).
Die Hersteller bzw. Errichter dieser Systeme werden dadurch angehalten, Maßnahmen zur Verhinderung der Brandweiterleitung zu montieren. Je nach Schutzziel müssen die erforderlichen Schutzzonen definiert werden. Man unterscheidet zwischen dem Raumbrand und dem Sockelbrand. Werden beide Zonen gemeinsam betrachtet und realisiert, spricht man von der Schutzzone Fassade.
Die Brandriegel werden mit nicht brennbaren Baustoffen ausgeführt. In der Regel handelt es sich dabei um Mineralwolle mit einem Schmelzpunkt von >1.000 °C.
Elektrische Leitungen an Außenwänden
Werden Fassaden nachträglich mit WDVS ausgestattet, kann es vorkommen, dass sich vertikale Elektroinstallationen an den Außenwänden befinden. Das können beispielsweise Ableiter der Blitzschutzanlage sein. Diese müssen bei der Installation der Brandriegel im WDVS besonders beachtet werden.
Während ein Runddraht aus Stahl oder Aluminium eher weniger Probleme bereitet, kann eine mit Kunststoffmantel ausgestattete Leitung für den isolierten Blitzschutz bei der Durchdringung der Brandriegel schon für einen negativen Brandverlauf sorgen. Im Brandfall schmelzen die Kunststoffe der Ableiter ab und hinterlassen Öffnungen in den Brandriegeln. Mit Leitungsdurchmessern von bis zu 30 mm können heiße Brandgase und Flammen durch die entstehenden Öffnungen nach oben weitergeleitet werden. Damit wird die Verhinderung der Brandweiterleitung geschwächt.
Aufschäumende Baustoffe in der Durchdringung
In den o. g. Fällen kann eine witterungsbeständige Kabelbandage mit intumeszierenden Baustoffen eingesetzt werden. Die brennbaren Leitungen und kleine Kabelbündel werden auf einer Länge von rund 50 cm zweilagig umwickelt. Dabei schließt der Bandagenbaustoff mit der Oberseite des Brandriegels ab und ragt unten heraus (Abb. 4). Bei einem Brand von unten schäumt der dämmschichtbildende Baustoff auf und verschließt sicher die entstehende Öffnung.
Die Kabelbandage wurde gemäß IEC 60332-3-22 [2] an vertikal angeordneten Kabelbündeln geprüft. Dabei wurde die senkrechte Brandausbreitung über einen Zeitraum von 120 Minuten verhindert. Die Kriterien der Prüfnorm sehen nur eine Prüfdauer von 40 Minuten vor. Dokumentiert sind diese Ergebnisse in einem Prüfbericht des iBMB MPA Braunschweig [3]. Für die Anwendung der Bandage innerhalb von WDVS liegt ein brandschutztechnisches Gutachten vor [4].
Die Bauministerkonferenz wies bereits 2015 im DIBt-Newsletter [5] darauf hin, dass die WDVS ihre Schutzwirkung nur dann erfüllen, wenn sie fachgerecht gemäß den technischen Regeln errichtet werden. Selbst kleine Abweichungen können fatale Folgen haben. Mit den beschriebenen Maßnahmen an Elektroinstallationen werden WDVS brandschutztechnisch noch sicherer.
Quellen
[1] Musterbauordnung MBO 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 25.09.2020
[2] IEC 60332-3-22:2018 – Tests on electric and optical fibre cables under fire conditions – Part 3-22: Test for vertical flame spread of vertically-mounted bunched wires or cables – Category A
[3] PYROWRAP® Wet FSB-WB: IEC 60332-3-22 Kat. A Prüfbericht Nr. 3630/081/10-AR vom 16.06.2010; iBMB MPA Braunschweig
[4] PYROWRAP® Wet FSB-WB: Gutachterliche Stellungnahme Nr. GA-2019/011-Nau, gültig bis 13.02.2024; IBB GmbH, Groß Schwülper
[5] DIBt-Newsletter Bauministerkonferenz, Merkblatt (Stand 18.06.2015) Empfehlungen zur Sicherstellung der Schutzwirkung von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Polystyrol
Der Beitrag ist in Ausgabe 2.2024 des FeuerTrutz Magazins (März 2024) erschienen.
Autor
Dipl.-Ing. (FH) Stefan Ring
ist Leiter Produktmanagement/F+E Brandschutz-Systeme bei OBO Bettermann und Fachplaner und Sachverständiger für gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS)